In der Oase Icht übernachten wir bei einer Auberge mit Camping. Ein Führer macht mit uns einen individuellen Rundgang durch die Oasengärten und in den alten Dorfteil. Die alten Lehmhäuser, ohne Strom und fliessend Wasser, sind nicht mehr bewohnt und sind nun am Zerfallen. Die Dorfbewohner haben sie verlassen und daneben neue gebaut, die ein Bisschen mehr Komfort aufweisen, aber immer noch sehr einfach sind. Dieses Bild der zerfallenen Lehmhäuser in der Dorfmitte mit rundherum neu gebauten Häusern sehen wir immer wieder während unserer Reise.
Wir besichtigen ein altes noch nicht zusammengefallenes Haus: Die Eingänge sind tunnelartig, die fensterlosen Lehmhäuser sind alle aneinander gebaut, in der Regel drei Stockwerke hoch. Alle haben als Lichtquelle einen gegen den Himmel offenen Hof. Im Erdgeschoss waren die Ziegen, Schafe und Esel untergebracht, im ersten Stock befinden sich die zwei Schlafzimmer ( Eltern und Kinder) und ein Rundgang zum Hof hin, der als Aufenthaltsraum diente, im zweiten Stock die Küche mit Feuerstelle und Vorratsraum und zuoberst eine Dachterrasse, die mit den Dachterrassen der anderen Häuser kommuniziert, da fand dann auch das Gesellschaftsleben statt. Diese Bauweise hatte Vorteile: Die Häuser waren so gut isoliert, also im Sommer (Temperaturen bis 45 Grad) nicht sehr heiss und im Winter (Minustemperaturen in der Nacht) boten sie einen guten Schutz. Zudem waren die Eingänge ins Dorf an den vier Ecken bewacht.
Die Fahrt nach Tafraoute führt uns über eine schmale Pistenstrasse durch die hohen Berge des Antiatlas, die Strasse windet sich an den steilen Bergkanten hoch hinauf, ab und zu erhaschen wir einen Blick ins schmale Tal, das palmenbewachsen ist. Die Dörfer kleben an den steilen Felshängen, die schmalen Oasen im Talboden wären zum Hausbau viel zu schade, bieten diese doch die einzige anbaubare Fläche. Bald erreichen wir ein Hochplateau, da gibt es wieder Vegatation: blühende Mandelbäume und mit hellgrünen Früchten behangene Arganienbäume prägen das Bild. Ein Schild, das sich wie «Honig zu verkaufen» liest, verleitet Hans zu einer abenteuerlichen Fahrt auf einem sehr schmalen, kurvenreichen und steilen Pfad in ein Dörfchen runter, wo uns nur bellende Hunde begrüssen. Mit einigem vor und zurück können wir im Oued kehrt machen und unser IVECO schafft den Hang wieder rauf….den Honig kaufen wir später ganz unspektakulär in Tafraoute!
Von der Hochebene runter nach Tafraoute zeigt sich ein ganz anderes Bild, die Felsen sind nun rund und schimmern rötlich in der Nachmittagssonne.
Uns zieht es weiter an die Atlantikküste und zwar steht eine lange, etwas schwierig zu befahrene Piste, dafür mit 30 km Strandfahrt bevor. Es geht über die bekannte Plage Blanche. Voll getankt und ausgerüstet mit Vorräten für eine Woche starten wir ins Abenteuer. Die erste Nacht verbringen wir nach erst 6 km Piste im Wüstenhotel «Ksar Tafnidilt».
Es windet und stürmt in der Nacht, so dass die Piste am nächsten Tag stellenweise unpassierbar verweht ist und wir zu Fuss eine Umfahrung suchen müssen. Mehr als einmal kommt unser Motto «in the middle of nowhere» zum Tragen. Auf den Klippen der Steilküste passieren wir nur einzelne Fischerhütten. Die Piste ist, wenn nicht vom Sand zugeweht, sehr steinig und steil, so dass wir die Etappe des ersten Tages verkürzen und uns im wunderschönen und befahrbaren Oued Aureora einen Nachtplatz suchen. Es bleibt noch Zeit für einen Nachmittags-Spaziergang im Flussbett. Wir begegnen einzelnen Hirten und vielen Dromedaren, die nun auch Junge haben.
Aus dem Oued heraus muss unser IVECO schon hart arbeiten durch den weichen Sand, so dass wir sicher die Ebbe abwarten für die 30 Kilometer lange Strandfahrt; dies lohnt sich wirklich! Mit 70km/h rauschen wir nahe der Wasserlinie über den nassen, festen Sand! Schade ist dieses sittige Fahren so schnell vorbei! Weiter geht’s auf rumpliger Piste bis zum Bou Jerif, einem zerfallenen französischen Fort nahe einer kleinsten Oase. Schlangen soll es hier geben, aber auf unserem Morgenspaziergang sehen wir «nur» Frösche und Wasserschildkrötchen. Der nächste Tag hält eine echte Herausforderung an Fahrer und Gefährt bereit: ein steiler Abhang mit Kehren und treppenartigen Absätzen muss bewältigt werden, zum Dessert folgt eine abgebrochene Brücke. Dankbar sind wir, dass wir ohne Schaden diese lange 5 Sterne (in jeder Hinsicht: Schwierigkeit, Einsamkeit, Schönheit, Aussicht und Abwechslung) Piste haben erleben dürfen. Nun geht’s entlang der Atlantikküste gegen Norden weiter.