Reise nach Litauen

Unser Plan, nach Südafrika und dann weiter nach Australien zu reisen, lässt sich zur Zeit nicht realisieren. Wegen der starken Verbreitung der braunen, marmorierten Stinkwanze (ein Obst-Schädling) in grossen Teilen Europas hat Australien seine Einreisebestimmungen massiv verschärft um ein Einschleppen möglichst zu vermeiden. Es war diesen Frühling nicht möglich eine Transportpassage zu buchen.

Aus diesem Grund unternehmen wir nun eine Reise ins Baltikum und hoffen auf eine Verschiffungsmöglichkeit im Herbst.

Zu Beginn unserer Fahrt machen wir bei Freunden in Zürich und in Donauwörth Halt, wo wir jeweils sehr verwöhnt werden. Allen nochmals ganz herzlichen Dank!
 

Wir besuchen die Stadt Dresden und parken unseren IVECO in der Pierschenerallee auf dem gebührenpflichtigen Busparkplatz, in Fussdistanz zur Altstadt. Es hat einige andere Wohnmobile und alles wirkt ruhig und aufgeräumt, wir fühlen uns sicher. Die Frauenkirche, das Wahrzeichen der Stadt wurde im Krieg fast komplett zerstört. Mit grossem Aufwand wurde sie wieder aufgebaut und nun erstrahlt sie in alter Schönheit. Die dunklen Steine sind die alten, die aus den Trümmern geborgen wurden und die hellen die neuen. Wir nehmen die Gelegenheit wahr und radeln bei schönstem Wetter mit unseren Klapprädern entlang der Elbe und durch den «grossen Garten» bis zum Panometer. Der frühere Gastank (Gasometer) wurde nun mit einem Panoramabild von Yadegar Asisi ausgekleidet, das das brennende und zerstörte Dresden 1945 zeigt. Wir sind beeindruckt und sehen die nun wieder aufgebaute Stadt mit anderen Augen.

Bei praktisch Dauerregen durchfahren wir Polen in drei Tagen. Entlang der Autobahn sichten wir an mehreren Orten Hirsche und Rehe hinter dem Wildzaun. Das Land ist mehrheitlich flach und nebst Wald hat es riesige Raps- und Getreideanbaufelder. Nördlich von Warschau übernachten wir auf einem kleinen Bauernhof mit Campingmöglichkeit, wo Fuchs und Hase einander gute Nacht sagen, nur dass wir diese beiden erst am Morgen sichten. 
Die Grenze zu Litauen haben wir fast ohne es zu merken passiert. Aber die Landschaft ändert, wir sehen nun sanfte grüne Hügel mit vereinzelt eingestreuten Holzhäusern und ganz wenig Ackerbau. 
Litauen hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die geprägt ist von Okkupationen: durch  Polen, Deutschland und die UdSSR. 1989 erlangten Litauen wie auch die andern baltischen Staaten ihre Unabhängigkeit zurück, nach jahrelangem Widerstand gegen die brutale, sowjetische Herrschaft. Die allgegenwärtigen Stalin-, Lenin- und Chrutschtschowgötzen wurden von ihren Sockeln gehauen und lagerten in Hinterhöfen. Damit die schreckliche historische Wahrheit nicht in Vergessenheit geraten konnte, hat ein Litauer, dessen Eltern deportiert und getötet wurden, den Grutas Park gegründet. Im mit Stacheldrahtzaun und von Wachposten umgebenen Gelände wurden die sowjetischen Machthaber wieder aufgestellt. Der Park wird mit propagandistischer Musik beschallt und der Besuch lässt einen Erschauern. Dazu passend weht ein kalter Wind mit Nieselregen.

Wir erreichen Kaunas bei schönstem Wetter, über Nacht ist es Sommer geworden. Es ist gerade Stadtfest und dementsprechend viel los. Die Marktstände bieten lokale Produkte an, die wir neugierig betrachten. 
Deutlich sind nun auch die langen Sonnenstunden bemerkbar, die Sonne versinkt erst nach 21 Uhr unter den Horizont. Wir steuern die beiden Golfplätze um Vilnius an, können bei beiden Plätzen mit unserem IVECO übernachten und frühmorgens als Erste auf die Runde. Die Hauptstadt Vilnius ist geprägt durch eine grosse Anzahl an schönen Kirchen, überall wo man hinblickt sehen wir einen Kirchenturm. Schöne, restaurierte Häuser säumen die Hauptgassen und der grosszügige Park und Platz neben der Kathedrale und dem Glockenturm laden zum Verweilen ein. Wir logieren ganz praktisch auf einem überwachten Parkplatz unmittelbar neben der Altstadt und geniessen ein erstes feines litauisches Abendessen. Es gibt mehrere Bijouterien mit Bernsteinunikaten. Wir besuchen ein Bernstein Museum und lernen, dass dieser edle Stoff aus Baumharz in der Urzeit entstanden ist.  An der litauischen und lettischen Ostseeküste wird Bernstein immer noch aus dem Meeresboden abgebaut. Bernstein kommt weltweit an verschiedenen Küsten vor, das baltische «Gold» ist aber am Bekanntesten.

Der geographische Mittelpunkt Europas liegt nicht, wie wir vermutet hätten in Deutschland oder der Schweiz, sondern gemäss den neuesten Berechnungen von 1989 in Litauen etwas nördlich von Vilnius. Eine Granitsäule mit Sternenkrone markiert den Punkt. Das nördliche Litauen ist eine Wald- und Seeenlandschaft. Wir hören viele Frösche und sehen viele Störche. Im Nationalpark mit dem unaussprechlichen Namen «Austaitijos» unternehmen wir eine längere Wanderung und geniessen sonnige Abende am Seeufer.  
Damit wir in diesem mehrheitlich flachen Land doch noch unsere Kondition etwas trainieren können, gibt es praktisch in jedem Ort einen sogenannten «pilis» = Burghügel. Obwohl in unseren Begriffen nur kleinere Erhebungen, wurden sie zur Abwehr der Kreuzritter mit Befestigungsanlagen versehen. Waren die Kreuzritter siegreich wurden die Burgen von diesen weiterverwendet. Einige dieser Plätze werden auch heute noch von der Bevölkerung als Kraftorte besucht.
Während eines regnerischen Nachmittags wurde übrigens nicht nur dieser Blogeintrag fertiggestellt sondern ich habe auch mein erstes «Daily 4×4 Brot»® gebacken. Ein voller Erfolg. Merci Marc für das Rezept.

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