Unser IVECO hat Verspätung und so verbringen wir die ersten Wochen auf der Farm bei Kaylene, Kelvin und Aaron. Es ist sehr schön bei ihnen zu sein und wir werden verwöhnt. Es gibt immer was zum Mithelfen und so vergeht die Zeit im Fluge. In der Gegend um Kingaroy (South Burnett) wird hauptsächlich Viehzucht betrieben. Es ist auch das Zentrum der australischen Erdnussproduktion, aber wegen der zunehmenden Trockenheit in den letzten Jahren wird der Erdnussanbau immer unrentabler. Viele Farmer haben auf den Anbau von Dubiosia Bäumen umgestellt. Dies ist ein einheimischer Baum, dessen Blätter Scopalamin enthalten, das zur Herstellung von Augentropfen verwendet wird. Boehringer Ingelheim kauft die gesamte Ernte aus dieser Gegend und deckt damit 95% ihres Bedarfs. Daneben gibt es vereinzelte Nischenproduzenten. Mit Kaylene zusammen besuchen wir eine Kapernfarm (die einzige solche in ganz Queensland), und in sengender Hitze klären uns Allan und Mandy über den Anbau und die Verarbeitung von Kapern auf. Es ist eine für Australien sehr unübliche Art zu farmen, denn alles geschieht in Handarbeit. Mit ihrer Produktion werden sie die steigende Nachfrage der Gourmet-Restaurants von Brisbane dieses Jahr nicht mehr ganz abdecken können – uns gelingt es aber zum Glück noch, einen kleinen Vorrat dieser ausgezeichneten Delikatesse zu erwerben.
Die Entfernung zum Bunya Mountain Nationalpark ist ein australischer Katzensprung und so machen wir einen Tagesausflug dorthin. Der Bunyatree ist ein Urgestein eines Baumes, aber leider nahm der Bestand seit den 20iger Jahren stark ab (sehr gutes Holz für Musikinstrumente). Er produziert zirka jedes dritte Jahr Zapfen, die bis zu 10kg schwer werden und gefüllt sind mit essbaren Nüssen. Unvermittelt würden diese kolossalen Zapfen im Sommer von den Bäumen fallen. Dieses Jahr ist aber kein Zapfenjahr und so können wir gefahrlos durch den Wald spazieren und uns diese Riesen aus nächster Nähe ansehen.
Für die Erledigung der Zollpapiere müssen wir zurück nach Brisbane, unser Carnet de Passage muss zwingend vor der Ankunft des IVECO gestempelt werden. Wir packen unseren Mietwagen und beschliessen, ein paar Tage an der Küste zu verbringen und auch noch unsere Freunde Barb und Phil in Harvey Bay zu besuchen. Die Fahrt ans Meer verbinden wir mit einem Besuch der Glas House Mountains. Wir besteigen den Ngungun, einen der einfacheren Berg zum Erklimmen, trotzdem keuchen wir ganz arg – es ist 38° warm und sehr feucht und wir «Neuseeländer» sind noch nicht ganz adaptiert. Die Aussicht auf den steileren Mount Beerwah und die umliegenden Tallandschaften ist fantastisch. Es werden viele Macademianüsse und Ananas angebaut. Nachmittags belebt uns dann ein Bad in den lauen Fluten der Sunshine Coast.
Am 4. März ist es dann soweit, der IVECO ist angekommen und wir haben für den 5. einen Termin für die Biosecurity Inspection abgemacht. Diese findet im Hafengelände statt und entgegen der Information, die wir von anderen Overlandern hatten, wird diese in Brisbane nicht zusammen mit dem Besitzer durchgeführt. Und meist sei es auch unüblich, dass das Gefährt am gleichen Tag ausgehändigt würde. Geduldig warten wir also am Eingang zum Hafengelände auf weitere Informationen. Nach etwa 3 Stunden erscheint ein Fahrzeug der Bordercontrol und es winkt uns eine Biosecurity Inspektorin freudig zu und hält den Daumen hoch. Rasch und unkompliziert wird der restliche Bürokram erledigt und um uns die umständliche Prozedur eines Escortservice zu ersparen, fährt die freundliche Dame nach weiteren 15 Minuten unseren IVECO gleich selber aus dem Gelände. Unversehrt und in tadellosem Zustand wird er uns übergeben. Nach einigen Einkaufstouren sind wir wieder eingerichtet. Ein Besuch bei TravelTrucks, die Camper auf IVECO Basis bauen, ist ebenfalls abgemacht. Hans ist seit Jahren mit dieser Firma in Kontakt, resp. da hat er unsere Bullbar, Seilwinde, den Schnorchel und unsere Felgen eingekauft! Col und Chris zeigen uns die ganze Firma und ihre neuesten Modelle, auch unser IVECO wird unter die Lupe genommen. Sie finden unseren Ausbau sehr gelungen, ihr Aufbau hat aber auch etwas für sich: mit einem Pop-up Dach und dem schlichten, aber stabilen Interieur stehen die offroad Eigenschaften im Vordergrund, Komfort und Stauraum für Langzeitreisen treten etwas in den Hintergrund.
In den IVECO 4×4 Kreisen wird immer wieder auch die Hitzeentwicklung im Verteilergetriebe thematisiert und aufgrund der zu erwartenden australischen Hitze, lassen wir noch einen Temperatursensor einbauen. Zudem spendieren wir unserem Gefährt für die nächsten Abenteuer einen Satz neue Reifen. Extreme Regenfälle, die stärksten seit 1961, führen zu zahlreichen, schlimmen Überschwemmungen in New South Wales (NSW)- Teile von Sydney sind unter Wasser und die Küstenstrasse ist über 100te Kilometer nicht befahrbar. Viele Menschen, die bereits vor einem Jahr bei den riesigen Waldbränden ihr Hab und Gut verloren haben, stehen wiederum vor dem Nichts. Wir kommen glimpflich davon, müssen lediglich unsere Pläne ändern und die geplante erste off-road Tour wird gestrichen. Die meisten ungeteerten Strassen in QLD und NSW sind geschlossen, ebenso praktisch alle Nationalparks. Wir fahren inland und besuchen im «Granite Belt» den Girraween NP. Das Gelände ist übersät mit massiven Felsbrocken, riesige Granitkugeln balancieren auf Steinplatten, dazwischen liegt Buschland mit Graslichtungen. Das graue Fell der Wallabies bietet eine gute Tarnung in dieser Umgebung.
Gut, dass Sie endlich in Australien sind! However, we’re still missing you in Bern. —Christopher Robin
Ihr Lieben,
vor zwei Tagen haben wir gehört, dass Neuseeland seine Grenzen geöffnet hat und dann sehe ich auf eurer Seite, dass ihr schon in Australien seid. Toll, dass es schon viel früher für euch weiterging.
Wir freuen uns mit euch.
Liebe Grüße aus dem noch kalten Deutschland. Der Frühling lässt noch auf sich warten.
Hildegard und Thomas