Weiter geht unsere Reise nordwärts, das nächste Ziel ist das Outback von NSW, dann Cameron Corner, wo NSW, Queensland und South Australia zusammenstossen. Die Distanzen zwischen auch nur kleinsten Orten werden immer grösser und die Strassen sind meist ungeteert. Eine riesige rote Staubwolke verfolgt uns und auch Gegenverkehr erkennt man schon von Weitem. Es ist nun so, dass man jedem entgegen kommenden Fahrzeug winkt und wenn jemand am Strassenrand steht gibt es kurz ein „Daumen hoch“ dass alles in Ordnung ist.
Trotz der kargen Vegetation wachsen überall am Strassenrand sogenannte „Paddy Melons“. Sie sehen aus wie Melonen, sind aber für Menschen und Kühe ungeniessbar bis giftig. Diese „Melonen“ wurden ursprünglich als Kamelfutter nach Australien gebracht (Kamele und auch einige hiesige Vögel können sie essen) und sind nun ein ungewünschtes Unkraut, das sich leider immer mehr verbreitet.
Der ganze Regen im Februar/März konzentrierte sich auf einem relativ schmalen Landstreifen, der von Alice Springs bis nach Sydney reichte und alles unter Wasser setzte. Tracks wurden weggeschwemmt, Strassen waren unpassierbar und Salzseen haben sich gefüllt. Wir warten auf die Wiedereröffnung eines Tracks, der uns nach South Australia bringen soll und so haben wir genügend Zeit entlang des Weges die Nationalparks des südwestlichen NSW zu besuchen. Im Mungo Nationalpark liegen zwei riesige ausgetrocknete Seen, die seit 20‘000 Jahren nie mehr Wasser enthielten. Durch Erosion wurden fossile Überreste von Menschen freigelegt, die vor 40‘000 Jahren an den Ufern der Seen gelebt haben sollen.
Weniger alt, aber fast genauso ausgestorben sind alte Silber- und Goldminenstädte. In Silverton sind einige Häuser noch belebt und auch das Hotel konnte bis heute am Leben bleiben, dank der Film- und Werbefilmindustrie. Der Film Mad Max 2 und unzählige Spots mit kühlem Bier und rotem Sand wurden in dieser verlassenen Gegend gedreht.
In Broken Hill, der grössten westlichen Ortschaftt von NSW, bleiben wir ein paar Tage, denn die Stadt hat gloriose Sachen zu bieten. Der Name Broken Hill (gebrochene Hügel, weil abgetragen) entspricht genau dem Landschaftsbild dieser Minen- und Eisenbahnstadt. Einige Minen sind noch in Betrieb, sie sind grossräumig abgesperrt, andere dienen als Museum. Wir machen einen interessanten Besuch in der grossen Basis der Royal Flying Doctors. Mit drei Flugzeugen vor Ort sichert diese Sektion die gesamte medizinische Versorgung und alle medizinischen Transporte in einem Gebiet, das viel grösser als die Schweiz ist. Im Outback ist an strategisch günstigen Orten die Strasse so ausgebaut, dass sie auch als Flugpiste genutzt werden kann. Der Verkehr wird mittels Leuchttafeln angehalten!
1993 fand auf dem höchsten natürlichen Hügel ein internationales Skulpturen-Symposium statt. Während einer Woche arbeiteten 12 Bildhauer an je einem sehr grossen Sandsteinbrocken. Die so entstandenen Werke gehören heute zum Living Desert Park. Bei untergehender Sonne bilden die ockerfarbenen Skulpturen eine traumhafte Kulisse und sind deswegen begehrte Fotomotive. Die herausragende Skulptur ist diejenige eines mexikanischen Künstlers und trägt den berühmten Namen “ Bajo el Sol Jaguar – Unter der Jaguarsonne“.
Der Mutawintji Nationalpark nördlich von Broken Hill ist unser nächstes Etappenziel. Wir haben im Camp einen Platz reserviert und für den nächsten Tag eine geführte Wanderung gebucht, deswegen können wir es heute gemütlich nehmen und sind um 16h immer noch am Fahren. Die Kängurus haben ihren Tagesschlaf schon beendet und hüpfen von allen Seiten über die Piste, wir fahren sehr langsam und aufmerksam und alles geht gut. Bei Sonnenuntergang um 17:30h erreichen wir das Camp. Das Gebiet von Mutawintji hat mehrere permanente Wasserlöcher und sicherte so Menschen und Tieren das Überleben während Tausenden von Jahren. Hier war auch ein bedeutender Treffpunkt für Zeremonien der Aborigines. Bis zu eintausend Personen sollen sich jeweils in der Gegend versammelt haben. Reichhaltige Felsgravierungen und Felsmalereien aus diesen vergangenen Zeiten sind erhalten, können aber nur mit einer geführten Tour besucht werden, da leider Diebstahl und Vandalismus vorkamen. Die Führung mit Keanu ist sehr lehrreich und wir tauchen ein in die Mythologie und Lebensweise der Aborigines. Er zeigt uns auch, was wir an essbaren Pflanzen (gehören nebst Känguru, Emu, Reptilien, Vogeleiern und Insekten zum sog. bush tucker) finden könnten. Kleine wilde Pflaumen sind am Reifen und wir probieren natürlich davon. Die „native plums“ sind süss und schmecken gut, sie sind aber nur etwa Heidelbeer gross mit einem Stein, der die Hälfte ausmacht, und somit kann man sich da nicht überessen. Wir sind froh, können wir unsere Vorräte im Supermarkt aufstocken.
In Pack Saddle bei einem der schönsten und gepflegtesten Roadhouse von Australien campieren wir und geniessen ein richtiges Pub Meal. Wir fahren weiter nordwärts ins Outback und plötzlich ist die Landschaft nicht mehr nur rot, die Dünen tragen einen dünnen, grasgrünen Überzug und gelbe Blumen blühen, sogar Lilien haben überlebt und zeigen ihre Pracht. Ein Salzsee, der 10 Jahre trocken war, ist mit Wasser gefüllt. Es musste eine Umfahrungspiste um den See geschaffen werden.
Tibooburra, ein winziger Outbackort bietet alles, was wir uns wünschen: Camping, sogar mit Dusche und Waschmaschine, eine Tankstelle und auch ein kleines Lebensmittelgeschäft, das recht gut sortiert ist. Wir stocken unsere Vorräte nochmals ein wenig auf, bevor es über die wiedereröffnete Strasse durch den Sturt Nationpark nach South Australia weitgeht. Viele Abschnitte des alten Strzelecki Tracks sind noch unter Wasser und müssen umfahren werden. Bei so einer Umfahrung passiert es, dass ein grosser Dorn einen Pneu durchsticht. Wir schaffen es noch gleichentags nach Innamincka zu kommen. Innamincka besteht eigentlich nur aus einem Roadhouse und einer Tankstelle und, gemäss unseren Unterlagen, gibt es auch einen Reifenflicker. Am Tor hängt jedoch ein Schild geschlossen und die ganze Bude macht einen verdächtig aufgeräumten Eindruck. Auf Nachfrage im Roadhouse heisst es tatsächlich, der Mechaniker sei schon vor 2 Jahren weggezogen und so bleibt uns nichts anderes als ins etwa 480km entfernte Copley zu fahren.
Wie wir aus dem Roadhouse treten sehen wir ein Paar mit einem Camper Trailer an der Tankstelle und die zwei unterhalten sich doch tatsächlich auf Züri-Dütsch. Jeannette und Werner, seit Jahrzehnten in Australien wohnhaft, machen eine kleine Ferienreise (sie konnten ja dieses Jahr auch nicht in die Schweiz auf Besuch). Schnell sitzt man wieder im Roadhouse bei einem kühlen Getränk und erzählt sich gegenseitig wie, woher und überhaupt.