Eine kurvige und hügelige Strasse – der IVECO muss streng arbeiten – bringt uns vom Tongariro durch Farmland an die Ostküste. Wir geniessen die Sicht auf tausende von Schafen, die meisten noch wollbehangen. Das jährliche Schafscheren hat eben erst begonnen. In einem Wool and Shearing Museum lernen wir einiges über die Wollgewinnung und das Schafscheren. Bei der alljährlichen Schär-Meisterschaft (20 Schafe muss jeder bewältigen) treten die besten «shearer» gegeneinander an, bewertet wird die Zeit und die Qualität dieser schweisstreibenden Arbeit.
Zwei Tage später sind wir in der Hawkes Bay, in Napier. Napier wurde 1931 bei einem Erdbeben völlig zerstört und danach im Art-déco-Stil wieder aufgebaut. Der Charme der Häuser ist etwas schwierig mit der Kamera einzufangen, da geparkte Autos und hässliche Reklameschilder das Bild verderben. In der Nähe der Stadt parken wir in einer Freedom Camping Zone direkt am Strand und lassen es uns gut gehen, hat es doch in Fussdistanz die Elephant Hill Winery mit fine dining! Die Region der Hawks Bay ist eines der grössten Weinbaugebiete Neuseelands.
Dann steht ein Besuch des Cape Kidnapper auf dem Programm. Den Namen erhielt es, als dort der Dolmetscher von James Cook von den Maoris gefangen genommen wurde. Bekannt ist es aber heute, weil an der Cape Spitze eine grosse Tölpel (Gannet) Kolonie zuhause ist. Wir haben eine Tour gebucht, da seit einem Abbruch der Steilküste Anfang Jahr, bei dem der öffentliche Strandzugang verschüttet wurde, ein individueller Besuch des Cape nicht mehr möglich ist. Das ganze Cape ist in Privatbesitz und beherbergt unter anderem ein riesiges Vogelschutzgebiet, zu dem nur die Tour-Organisation Zugang hat. Unser Tourguide, ein begeisterter Ornithologe, lässt uns teilhaben an seinem grossen Wissen und wir erleben einen grossartigen Nachmittag. Die wunderschönen und fotogenen Gannets können wir aus nächster Nähe beobachten. Sie nisten auf dem Felsen und lassen sich von den Zuschauern nicht stören. Er und Sie bebrüten abwechslungsweise ihr Ei (immer nur eines) und zwar indem sie es mit den Füssen (warm, weil gut durchblutet) zudecken. Kommt der eine Partner von der Fischjagd zurück gibt es lange, zärtliche Begrüssungsszenen.
Am nächsten Tag folgt ein interessanter Besuch in der Ausstellung des Designers David Trubridge, seit Jahren bin ich ein grosser Fan von seinen Möbeln und Lampen und wir kommen in den Genuss einer privaten Fabrikführung! Leider ist im IVECO kein Platz für eine seiner Kreationen….
Es geht weiter südwärts, zunächst inland auf der Hauptstrasse, aber schon bald lockt uns eine kleine Strasse an die Küste. Unterwegs passieren wir ein winziges Wimbledon, standesgemäss mit Tennisplatz. In Herbertville finden wir wiederum einen Traumplatz direkt am Strand. Während Hans auf der Aussenküche das Nachtessen kocht, macht ein Streifenwagen neben uns Halt, Senior Constable J.S stellt sich vor « I’ve seen the foreign plates and thought I stop for a chat….» gibt uns ein paar Tips zur Region und für alle Fälle seine Visitenkarte und fährt dann weiter Richtung Feierabend.
Unser nächstes Ziel ist Mangatainoka, dieser kleine Ort ist durch seine Bierbrauerei TUI bekannt. Für einen Brauereibesuch sind wir leider schon zu spät, können aber das Bier im brauereieigenen Restaurant probieren und auf dem Parkplatz übernachten.
Der Tui ist eigentlich ein einheimischer Vogel, den wir schon oft gehört haben (unglaublich lauter und vielfältiger Gesang), einige Male gesehen haben, aber leider fehlt uns noch das ultimative Bild. Viele der einheimischen Vogelarten sind vom Aussterben bedroht, u.a. durch die eingeschleppten Nagetiere (Ratten, Wiesel, Possums usw.). Ein nationales Bekämpfungsprogramm hat sich zum Ziel gemacht Neuseeland bis zum Jahr 2050 nagetierfrei zu machen. In allen Nationalparks werden Fallen gestellt und auch viele Privatpersonen beteiligen sich und stellen Fallen auf ihren Grundstücken auf, aber es gibt Millionen dieser unerwünschten Viecher….
Der wohl berühmteste neuseeländische Vogel, der flugunfähige und nachtaktive Kiwi wird in mehreren Aufzuchtstationen gebrütet und dann in nagetierfreie, geschützte Gebiete in die Wildnis freigelassen. In Mount Bruce besichtigen wir ein solches «Wild Life Reserve». Wir lernen etwas zu den Kiwis und sehen auch eines der seltenen Tiere. Ebenfalls sehen können wir ein Tuatara Pärchen im Terrarium. Tuataras sind Dinosaurierabkömmlinge, allerdings nur circa 40cm messend und in Neuseeland endemisch. Man glaubte sie zuerst ausgestorben, jedoch wurden noch einige entdeckt und nun werden sie in Aufzuchtstationen vermehrt und wieder ausgesetzt.
In der Gegend von Masterton, Greytown und Martinborough gibt es viel Weinanbau und viele Golfplätze. Beides lassen wir nicht aus und geniessen ein paar Tage in der Gegend, da für den Westen und die Südinsel extreme Regenfälle angekündigt sind. Anschliessend geht’s mit aufgestockten Vorräten südwärts an das einsame Cape Palliser. Hans gönnt mit einer Kiesstrandfahrt dem IVECO wieder mal etwas Auslauf; fast wären wir stecken geblieben. Aber das Ausweichen auf ein schräges Feldweglein (Wanderweg) gelingt und so erreichen wir mit unserer Abkürzung eine Stunde später wiederum die Strasse. Am Felsstrand sonnen sich Seehunde, auf dem Felsen oben thront ein Leuchtturm, den wir nach 250 Treppenstufen erreichen, ein starker Wind verhindert, dass man zu lange oben verweilt! Etwas landeinwärts wandern wir durch ein Tal und auf einen Pass, links und rechts ausgewaschene Felsformationen, sog. Pinnacles. Für die Übernachtung parken wir auf dem recht windgeschützten DOC Camping, trotzdem braust der Wind in Böen und unser Zuhause schaukelt und schüttelt die ganze Nacht. Eine weitere sehr windige Nacht verbringen wir am schönen Wairarapa See bevor wir über eine stark befahrene und extrem kurvenreiche Passstrasse Wellington erreichen.
Wellington liegt auf einem schmalen, flachen Küstenstreifen an einer grossen runden Bucht, genannt Wellington Harbour. Die Expansion der Stadt gelang nur durch Bebauen der steilen umliegenden Hügel und so sieht manches Haus aus wie ein Adlerhorst. Wir sind stadtnah auf einem Holiday Park einquartiert und fahren jeweils mit dem Bus in die Stadt, wo wir u.a. das riesige nationale Museum Te Papa besuchen. Es vereint ein historisches, ein naturhistorisches und ein Kunstmuseum in Einem. Ein Stockwerk ist ganz der Maori Kultur und Kunst gewidmet und sehr schön und interessant gemacht.
Dank Tripadvisor finden wir unsere Restaurants und sind mit unserer Wahl sehr zufrieden. Nach zwei Tagen Stadtleben verlassen wir frühmorgens die Nordinsel und überqueren mit der Fähre bei Regenwetter zügig die Cook’s Strait…..