Unsere Off-Road Strecke endet im quirligen Städtchen Alexandra, das am bekannten Otago- Rail-Trail liegt. Die frühere Bahnlinie von Clyde nach Middlemarch (150km) verband mehrere Goldgräberstädte mit Dunedin. Die Linie wurde schon vor Jahren stillgelegt und das Bahntrasse zum Veloweg umfunktioniert. Es ist Hauptferienzeit, die Unterkünfte entlang der Strecke sind ausgebucht, doch können wir für einen Tag Velos mieten. Der Tag beginnt wunderschön und wir geniessen die leicht ansteigende Strecke von Alexandra nach Omakau sehr und freuen uns schon auf die rassige Rückkehr am späten Nachmittag! Daraus wird aber nichts, kommt doch ein starker und böiger Wind auf (sog. Southwesterlies with some gales), der uns trotz Talfahrt kräftig in die Pedale treten lässt. Etwas unterkühlt und ziemlich erledigt kehren wir nach Alexandra zurück. Eine kleine Brauerei mit Holzofenpizza ist Hans Rettung, hatte ich doch schon erklärt mit Kochen sei nichts mehr, zu sehr erledigt!
Nachdem wir die Weihnachtstage einsam und ruhig verbracht haben, beschliessen wir für Silvester an die Küste zu fahren, denn in New Zealand gilt: For New Years Eve everybody goes to the beach. Wir erhalten den letzten Platz in Punawea auf dem Camping. Es ist eine kleine Lücke und wir zögern etwas, da die Kiwis sonst eher locker stehen und nicht gepackt wie auf europäischen Campingplätzen. Aber heute sehen sie auch das locker: it’s New Years Eve und da sei halt alles crowded! Sie sind alle um uns herum sehr nett und wir unterhalten uns über alles Mögliche, zur Essenszeit (Hans macht gerade eine Paella in der Plancha) kommt auch das Thema Seafood auf. Eine rein neuseeländische Delikatesse ist Whitebait, das wir bisher noch nie selber gemacht haben. Sie schenken uns einen ganzen Becher dieser Kostbarkeit und erklären uns, dass man diese mit höchstens einem Ei zur Omelette braten müsse. Wir probierens am nächsten Tag und finden es sehr fein. Thank you so much for this delight!
Mittlerweilen ist am Strand schon einiges los, die Bevölkerung von Punawea organisiert jeweils zum Silvester ein kleines Festival. Wir lösen unser Bändeli und sind mittendrin im Getümmel. Es gibt Spiele, Wetten, Musik und ganz viel Bier, das übrigens nicht vor Ort verkauft sondern von jedermann in grossen Coolern mitgebracht wird. Um Mitternacht dann der krönende Abschluss mit einem Feuerwerk. So nah dran waren wir noch nie. Wir stehen nicht neben dem Feuerwerk sondern darunter.
Leider will es weiterhin nicht wirklich Sommer werden, es regnet viel und zuweilen ist es ganz dunkel und der der Himmel orangerot, bedingt durch die schrecklichen Brände in Australien.
Wir fahren der Küste entlang weiter durch die sogenannten Catlins, noch vor ein paar Jahren praktisch von Touristen unberührt und einsam. Das kann man zwar heute nicht mehr sagen, hat es doch viele Britz, Appollos und Mauis unterwegs. Die Gegend bietet viele absolute Naturschönheiten. Und an den Stränden können Seelöwen beobachtet werden. Wenn sie aus dem Wasser auftauchen, tut man gut daran sofort Abstand zu nehmen, sie verteidigen ihre 20m Umkreis unmissverständlich. Die Catlins sind berüchtigt für den ständigen Wind und von diesem bekommen wir einiges ab. Beim Waipapa Lighthouse unweit des südlichsten Punktes der Südinsel können wir kaum mehr stehen. Extreme Stürme sind angesagt und in den News hören wir von umgestürzten Bäumen, geknickten Strommasten und auch Camper hat‘s von der Strasse gefegt, so dass wir 2 Tage in Invercargill bleiben. Invercargill ist die südlichste Stadt Neuseelands und einst ein Wirtschaftszentrum, deswegen auch grosszügig angelegt mit Parkanlagen, breiten Strassen und einem Wasserturm im Brickbau. Aber seit die Schafwirtschaft nicht mehr viel abwirft, die Holzindustrie nach Abholzung sämtlicher Wälder inexistent ist, und keine Kohle mehr abgebaut wird, kämpft die Stadt mit grossen wirtschaftlichen Problemen. Viele Geschäfte sind geschlossen und Häuser zerfallen. Uns gefällt es trotzdem, wir sitzen in einem sehr gemütlichen Cafe zum Zmittag, besuchen das Motorradmuseum in einem noch aktiven Eisenwarengeschäft. Burt Munro, ein Bürger von Invercargill hat in den 60er Jahren Geschichte geschrieben: der Geschwindigkeitsrekord auf seiner uralten „Indian“, aufgestellt in Bonneville Utah, ist bis heute ungebrochen. Seine Geschichte wurde mit Anthony Hopkins verfilmt und natürlich kaufen wir „The Worlds Fastest Indian“ und geniessen den Film am Regenabend in unserem Camper.